70er-Jahre-Straßenneubau in Zeiten der Klimabedrohung und des Mobilitätswandels
Die Diskrepanz könnte nicht größer sein: Gerade jetzt, wo der Klimawandel im allgemeinen Bewusstsein der Menschen und auf der politischen Agenda ganz oben angekommen ist und niemand, der politisch ernst genommen werden will, mehr leugnen kann, dass es ganz massiver Strukturänderungen und einer radikalen Umkehr (nicht nur) in der Verkehrspolitik bedarf, machen sich Entscheidungsträger der Stadt Buchholz daran, mit dem sog. Ostring das legendäre, bereits einmal gerichtlich gestoppte 70er-Jahre-Projekt doch noch umzusetzen? Surrealer geht es nicht!
Aktuell liegt dem Rat der Stadt Buchholz und dem Kreistag eine „Machbarkeitsstudie“ zum Bau dieser fast 7 Kilometer langen Umgehungsstraße durch die freie Landschaft vor. Zwar wird hier allenfalls eine Vorentscheidung fallen, da sich jahrelange Planungsprozesse, ein langwieriges Genehmigungsverfahren (sog. Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesfernstraßengesetz) und ggf. gerichtliche Klagen anschließen werden. Vor 2030 würde es mit der Fertigstellung also ohnehin kaum etwas. Dass die Mobilitätsanforderungen und -bedürfnisse dann ganz andere sein werden (Stichworte: Elektromobilität und autonomes Fahren, zunehmendes Homeoffice und altersstrukturbedingte andere Verkehrsverteilung, Modal Split und Sharing-Modelle), bedarf keiner waghalsigen Prognose. Dennoch ist es ein fatales Signal, wenn in Buchholz einerseits in einem Klimaforum unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in kleinsten Schritten – zumindest vorgeblich – der Versuch unternommen wird, auf kommunaler Ebene dem 1,5-Grad-Ziel bis 2035 näher zu kommen, andererseits mit einer völlig anachronistischen Großbaumaßnahme die Wirkungen dieser Bemühungen effektiv zunichte gemacht werden.
Wenn man vor dem Hintergrund des Klimawandels und vor allem des voranschreitenden Verlustes der Artenvielfalt überhaupt noch den Bau neuer Straßen über das bestehende Netz hinaus für vertretbar hielte – wir tun es nicht -, bedürfte es hierfür im Einzelfall einer sehr besonderen, ja zwingenden Begründung und eines überragenden Nutzens, der den ökologischen Schaden deutlich überwiegt. Davon kann für den Ostring Buchholz – wie schon seit Jahrzehnten, so auch jetzt – beim besten Willen nicht die Rede sein. Alle vernünftigen Argumente sprechen gegen dieses Projekt:
1. Klimawandel, Bedrohung der Artenvielfalt und Landschaftszerstörung
Der Ostring bedeutet 6 bis 7 km Straßenneubau, einmal komplett um Buchholz-Stadt herum, mit zwei aufwändigen Eisenbahnkreuzungsbauwerken und weiteren Straßenquerungen bzw. -anschlüssen. Er verliefe weitgehend durch die freie Natur, teils durch mögliche Landschaftsschutzgebiete. Dort, wo dies nicht der Fall ist, berührte er verschiedene gewachsene Wohngebiete (und ginge mehr oder weniger über die Liegewiese des Buchholzer Freibades).
Wir sprechen daher über ein besonders hohes Maß an Flächenverbrauch und Landschaftszerstörung, teils auch ökologisch wertvoller Bereiche, und von einer Zerschneidung und schwerwiegenden Beeinträchtigung der Naherholungsgebiete im Osten der Stadt, von der Verschandelung des Landschaftsbildes ganz zu schweigen – insgesamt schwerwiegende Eingriffe in die Schutzgüter des Bundes-Naturschutzgesetzes, des Baugesetzbuches und des Bundesfernstraßengesetzes.
Dass sich ein solches Projekt bei unseren aktuellen Erkenntnissen über Klimawandel und Bedrohung der Artenvielfalt (als das möglicherweise noch größere Problem, wenn das überhaupt geht) verbietet, liegt auf der Hand.
Umgekehrt: Es ist eine sehr einfache, wirksame und billige – nämlich kostenlose – Maßnahme des Klimaschutzes, hierauf zu verzichten. Warum debattieren wir denn eigentlich ernsthaft im Rahmen eines Klimaforums in Buchholz über wesentlich kleinere Stellschrauben, um das 1,5-Grad-Ziel und Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen, wenn wir gleichzeitig dieses Großbauprojekt umsetzen wollen und damit quasi alle anderen Klimaschutzbemühungen mit dem Hintern umstoßen? Dabei geht es natürlich nicht nur um den Verkehr auf dem zukünftigen Ostring, sondern auch und vor allem um die hohen ökologischen und klimarelevanten Kosten seines Baus.
2. „Buchholzer Verkehrsprobleme“
Wenn man von den Befürwortern des Ostringes über die dramatischen Buchholzer Verkehrsprobleme hört, denkt man bisweilen, ganz woanders zu wohnen:
Natürlich ist es in der Buchholzer Innenstadt in den Hauptverkehrszeiten manchmal eng, und man kann beim Durchfahren der Stadt mal 5 Minuten oder ausnahmsweise auch mehr verlieren. Wir sprechen da aber eben über Stoßzeiten, nämlich an Wochentagen morgens und auch (spät-)nachmittags über einen jeweils begrenzten Zeitraum. Zu den allermeisten Tageszeiten gibt es kein wirklich ernsthaftes Problem, und manchmal muss man sich schon eher Sorgen machen, dass die Buchholzer Innenstadt verödet. Selbst im morgendlichen Berufsverkehr verliert man nur 5 Minuten gegenüber der normalen Durchfahrtzeit auf der bisherigen Kreisstraße und das allenfalls in einem Zeitfenster von 20 bis 30 Minuten um die Schulbeginnzeiten herum, während man ab 8:15 Uhr schon wieder gut durch die Innenstadt fahren kann (wir sprechen dabei von Vor-Corona-Zeiten). Alles in allem kann der Verkehr in Buchholz zu bestimmten Zeiten zähfließend sein; aber das ist nicht anders als in anderen Klein- und Mittelstädten Norddeutschlands, vom Hamburger Einfallsverkehr ganz zu schweigen. Der Zeitverlust zu Spitzenzeiten, den der Pendler ab der Autobahnauffahrt Dibbersen nach Hamburg erleidet, beträgt regelmäßig ein Mehrfaches des Zeitverlustes, der beim Durchfahren von Buchholz entsteht. Auch zeigen ja die aktuellen Verkehrserhebungen, dass von den früher angenommenen Steigerungen der Verkehrszahlen keine Rede sein kann. Die Zahlen liegen deutlich unter den früheren Prognosen, im Bereich Canteleu-Brücke selbst unter den Prognosen mit Ostring!
Vor allem aber: Die Verkehrsprobleme, die wir haben, lassen sich nicht mit einem Ostring lösen. Es geht weit überwiegend um Ziel- und Quellverkehr innerhalb der Stadt. Dementsprechend bestehen „Engstellen“ an diversen Stellen der Stadt, z.B. auch im Ost-/Westverkehr (Bremer Straße/Ecke Steinbecker Mühlenweg, B 75/Christliche Schule Nordheide etc.), die mit dem Ostring nicht ansatzweise entlastet werden. Was machen wir denn damit? Mit einer Umgehungsstraße im Osten lassen sich diese „Probleme“ nicht lösen. Für die üblichen Straßenverkehrsprobleme brauchen wir ganz andere Lösungen – wie mittlerweile jedes Kind weiß und es auch landes- und bundespolitisches Gemeingut ist (bis hinein sogar in die Bundes-CDU).
Apropos „Buchholzer Verkehrsprobleme“: Wir reden über eine Umgehungsstraße allein für die Buchholzer Bevölkerung. Schon die wenigen Menschen im südlichsten Buchholzer Ortsteil Holm brauchen sie nicht, um unter Umgehung der Buchholzer Innenstadt nach Hamburg zu kommen. Sie fahren traditionell über Lüllau und Jesteburg nach Hittfeld. Die (ebenfalls wenigen) Bewohner:innen der südlich angrenzenden Gemeinden und Ortschaften (Schierhorn, Inzmühlen, Handeloh usw.) – das zeigt ein kurzer Blick auf die Landkarte – sind erst recht nicht auf einen Buchholzer Ostring angewiesen. Anders als bei anderen Ortumgehungen (z.B. Elstorf) geht es hier also gar nicht darum, „ortsfremden“ Durchgangsverkehr aus dem Ortskern herauszuhalten, sondern allein um Buchholzer Verkehr aus dem Ortsteil Holm-Seppensen und aus der Buchholzer Südstadt. Zwar verursachen auch die dort ansässigen Buchholzer:innen natürlich Durchgangsverkehr für die Innenstadt; in Wahrheit ist das aber ein rein Buchholzer Thema.
Dabei haben die zahlenmäßig relevanten Holm-Seppensener sogar eine naheliegende Ausweichlösung: Sie können – was auch nicht wenige tun – über Sprötze die Bundestraßen 3 und 75 erreichen und in Rade oder Dibbersen auf die A 1 auffahren. Der Zeitverlust über diese „Westumgehung“ der Buchholzer Innenstadt (als „dritte Bahnquerung“) beträgt gut 5 Minuten. Wenn diese Möglichkeit bislang nur begrenzt genutzt wird, zeigt dies nur, dass das angebliche Verkehrschaos auf der Achse Soltauer Straße/Canteleu-Brücke/Kirchenstraße/Hamburger Straße nicht annähernd so schlimm ist, wie es manchmal beschworen wird.
Die Tatsache, dass über die „Buchholzer Verkehrsprobleme“ – zugegeben – nicht wenige Buchholzer jammern, allerdings auch angefeuert durch ein offenkundig parteiisches Lokalblatt, ist kein messbarer Parameter für das Maß unserer Verkehrsprobleme. Die sind anderswo viel größer. Wir können in Zeiten des Klimawandels auch nicht einfach Redundanzen für Hauptverkehrszeiten schaffen, nur damit man jederzeit ungehindert Auto fahren kann und immer in der ersten Ampelphase durchkommt – worum es vielen der Befürworter wohl geht. Letztlich beruhen die Wahrnehmungen von erheblichen Teilen des Autofahrer-„Volkes“ überwiegend auf Bauchgefühl, vermessenen Vorstellungen über einen Anspruch auf „freie Fahrt“ auch zu Hauptverkehrszeiten, einer bemerkenswerten Stimmungsmache in der Lokalpresse und einem vollkommenen Ausblenden des aktuellen Menschheitsproblems des Klimawandels, das man erstaunlicherweise hiermit nicht in Verbindung bringen kann. Ob ein Bürgerentscheid von 2013 (!) zu dem Thema – mit allerdings verquerer bis rechtswidriger Fragestellung (siehe unten) – hier wirklich Aussagekraft hätte und ob eine Mehrheit wirklich für das Projekt wäre, wenn man sie umfassend informieren würde, ist zu bezweifeln. Selbst dann wären wir noch bei der großen Minderheit (damals fast 40 %), weil das Projekt in jeder Hinsicht falsch ist.
3. Ostring und Wohnraumbedarf?
Anders als früher ist, dass der Ostring jetzt mit der geplanten Wohnbebauung Buchholz 2025plus im Osten der Stadt gerechtfertigt wird. Das ist ja gerade die völlig offenkundige und neue Strategie von Bürgermeister Röhse, der mit der in Aussicht gestellten Ermöglichung von Wohnraum diejenigen zu ködern beabsichtigt, die sich bislang gegen den Ostring sperren, denen aber das Wohnraumthema ein wichtiges Anliegen ist. Auf dieses mutwillige Junktim, das erklärtermaßen allein zur Durchsetzung des Ostrings gebildet wurde, kann man doch nicht ernsthaft reinfallen?
Tatsache ist, dass wir nach langwierigem Prozess gemeinsam in 2015 ein Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) für Buchholz verabschiedet haben, das u.a. ein allgemein für richtig gehaltenes, maßvolles Wachstum in Sachen Wohnraum beinhaltet. Bei der Realisierung der Vorgaben sind wir – insbesondere quantitativ – auf mehr als gutem Wege:
Nach dem Wohnungsmarktkonzept als Bestandteil des ISEK wollen wir bis 2030 insgesamt zwischen 2.140 und 2.490 neuen Wohneinheiten realisieren (dort S. 49 f.), was ja ein schon beachtliches Wachstum der Stadt darstellen würde. Laut letzter Baustatistik haben wir im Zeitraum 2015 bis 2020 schon 2.057 Wohneinheiten durch Baugenehmigungen und –anzeigen auf den Weg gebracht. Und es wird weiter an allen Buchholzer Ecken und Enden geplant und gebaut.
Wo soll da eigentlich noch Raum für das Großprojekt Buchholz 2025plus mit 1.500 Wohneinheiten sein? Mit dem ISEK hat dieses Projekt – die Schaffung mehr oder weniger eines völlig neuen Stadtteils – nichts mehr zu tun; man kann das ISEK dann eigentlich gleich in die Tonne treten. Klar ist, dass wir die selbstgesteckten Wohnbauziele auch so weit übererfüllen. Derzeit und in den letzten Jahren wird an allen Ecken der Stadt gebaut, es gibt diverse größere Wohnungsbauprojekte (jüngst Stadtwald, Schaftrift, Kyrill-Wald, jetzt Soltauer Straße und Hamburger Straße usw.) sowie zahlreiche Einzelbaumaßnahmen in Baulücken und sonst im Innenbereich.
Und: Wie es aussieht, werden wir die einmalige Chance haben, mit der Sanierung und Bebauung der Rütgers-Fläche südlich angrenzend an den Bahnhof ein modernes, zukunftsfähiges und vor allem innenstadtnahes Wohnquartier zu schaffen und uns zugleich dieser jahrzehntealten Umweltaltlast im Stadtkern zu entledigen. Dies muss absolute Priorität haben, und es wäre grob fahrlässig, dieses Projekt wegen einer überdimensionierten Trabantenstadt im Osten von Buchholz hintanzustellen. Schon im ISEK wurde und wird die Rütgers-Fläche in der Potentialflächenbewertung weit besser bewertet als alle dort parallel betrachteten Flächen in der Oststadt. Den Buchholz 2025plus-Befürwortern sei geraten, mal wieder in das ISEK zu schauen.
Das Wohnbauthema könnte man weiter ausbreiten. Fakt ist, dass Buchholz auch ohne eine am Reißbrett geplante Großsiedlung mit 1.500 Wohneinheiten, die zu immensen sozialen Infrastrukturkosten führen würde (darüber wird nicht mal diskutiert!) und angeblich einen Ostring erfordert, ausreichend wächst, und es im Übrigen wohnraumpolitisch ganz andere Prioritäten geben muss. Dazu gehört sicherlich auch preisgebundener und bezahlbarer Wohnraum, der hier aber nur als Köder verwendet wird. Den könnte man natürlich auch bei allen anderen Wohnbauprojekten mit mehr gutem Willen weit besser durchsetzen als bisher, auf der Rütgers-Fläche sowieso.
4. Monetäre Kosten
Eigentlich der größte Witz:
35 bis 38 Mio. EUR soll der Ostring in den Vorzugsvarianten laut Rat und Kreistag vorliegender „Machbarkeitsstudie“ kosten. Darin sind für die beiden notwendigen Querungen der Eisenbahntrassen Kosten von 5 Mio. EUR (Linie Buchholz-Jesteburg) bzw. 8 Mio. EUR (ICE-Strecke Bremen-Hamburg) enthalten, allerdings mit dezentem „Unsicherheitshinweis“. Das ist natürlich offenkundiger Unsinn!
Für die 2019 aus Kostengründen abgeblasene Mühlentunnelerneuerung in Buchholz waren Gesamtkosten für Planung und Bau in Höhe von 23,66 Mio. EUR nach DIN geschätzt. Das niedrigste Bieterangebot lag dann bei 36 Mio. EUR (nur Baukosten), die weiteren Angebote waren noch deutlich höher. Nun ist nicht Bahnquerung gleich Bahnquerung; unabhängig von der Baukonjunktur lassen sich die Bieter aber die Risiken und Schwierigkeiten des Tunnelbaus bei einer Dammhöhe von 15 m und „unter dem rollenden Rad“, wie es in der „Machbarkeitsstudie“ heißt, entsprechend bezahlen. In jedem Falle sind die in der Studie angenommenen Kosten für die Eisenbahnquerungen absurd zu niedrig, die übrigen Kostenannahmen auch.
Die tatsächlichen Kosten werden weit jenseits der 50 Mio. EUR, u.E. jenseits der 60 Mio. EUR liegen. Wer es gerade angesichts der mittelfristigen Haushaltslage ernst mit der Finanzverantwortung für die Stadt Buchholz meint, ist gut beraten, eine belastbare Kostenermittlung einzufordern, bevor er dieses klimapolitisch anachronistische und finanziell illusorische Projekt weitertreibt. Wer hierzu schweigt bzw. die „Machbarkeitsstudie“ gar billigend zur Kenntnis nimmt, wird dann politisch nicht mehr zurück können, wenn sich die Kosten später scheibchenweise der Wahrheit nähern werden. Es ist finanzpolitisch grob fahrlässig, auf Grundlage einer völlig unzureichenden, ja offenkundig falschen Kostenabschätzung einfach mal weiterzumachen.
Und: Will der Landkreis Harburg tatsächlich seinen bisher für den Ostring vorgesehenen Anteil auch vor dem Hintergrund tragen, dass die jetzt – verschämt – „Ostumfahrung“ genannte Straße tatsächlich im Kern mit einer Wohngebietserschließung gerechtfertigt wird? Der Eiertanz, einerseits zwecks Finanzierung eine überörtliche Funktion der Straße zu behaupten, andererseits wegen des Bedarfes für die Straße auf das örtliche Wohnungsbauprojekt Buchholz 2025plus zu verweisen, kann doch nicht wirklich dauerhaft durchgehalten werden. U.E. sollten sich die Entscheidungsträger auf Kreisebene gut überlegen, ob sie es verantworten wollen, viele Millionen Euro an Kreismitteln für die Lösung Buchholzer „Verkehrsprobleme“ bzw. gar für die Baulanderschließung in einer kreisangehörigen Gemeinde zu übernehmen, zumal in der „Nach-Corona-Zeit“.
Und: Was ist eigentlich mit den wohl eingeplanten GVFG-Mitteln? Das Bundes-GVFG sieht nur noch eine Förderung des Schienenverkehrs vor; hier ist der Klimaschutz 2019 angekommen. Wenn eine Teilfinanzierung aus dem Landes-GVFG (mit sehr begrenztem „Topf“!) noch möglich sein sollte, bestünde auch hier das Problem, dass die Mittel nicht für Erschließungsstraßen gewährt werden. Der „Eiertanz“ müsste daher auch gegenüber dem Landeszuwendungsgeber getanzt werden.
5. „Volkes Stimme“ oder Populismus als Ratgeber?
Sprechen alle Fakten gegen den Ostring, bleibt die Frage, ob man sich im Kotau vor einem vermuteten „Volkswillen“ dennoch den beharrlichen Durchsetzungsversuchen von Röhse & Co. ergeben sollte und darf. Woraus soll sich dieser „Volkswille“ aber ergeben?
Aus der jahrelangen Stimmungmache der Lokalpresse? Aus dem Ergebnis eines Bürgerentscheids von 2013, das formal eine Kündigung/Nichtkündigung des Kooperationsvertrages Stadt Buchholz/Landkreis zum Gegenstand hatte (anderenfalls es nach dem NKomVG unzulässig gewesen wäre) und das deshalb in keiner Weise sachlich begründet war (keine Darstellung des Ostrings, des Für und Wider, der Kosten und des Nutzens, der Finanzierung usw.)? Aus dessen Ergebnis (gut 60 % zu knapp 40 % bei einer Wahlbeteiligung von gut 60 %)?
Es kann doch nicht sein, dass Stimmungmache und Bauchgefühle als „Volkes Wille“ gelten und die Sachabwägung völlig ausbremsen!
Außerdem: Kurz vor Corona hat sich Volkes Meinung ein gehöriges Stück in Richtung auf eine ernsthafte Bewältigung des Klimawandels verschoben (siehe nur „Fridays For Future“). Wir gehen davon aus, dass dies nach Corona wieder deutlich zu Tage tritt. Ob es dann wirklich dauerhaft populär sein wird, dies zu ignorieren und an einem 70er-Jahre-Straßenbaugroßprojekt festzuhalten – unter Berufung auf ein hingetrickstes Bürgerbegehren von 2013 –, ist zu bezweifeln. Auch wagen wir zu bezweifeln, dass es populär sein wird, in der absehbaren Haushaltsnot nach Corona für ein solches Projekt jenseits der 50 Mio. EUR auszugeben, davon einen erheblichen Teil aus dem Haushalt des Kreises, der für Buchholzer Baulandthemen nicht zuständig ist.
6. Bürgermeisterwahl in Buchholz
Nur am Rande:
Mit der Kommunalwahl haben wir ja im September auch Bürgermeisterwahl in Buchholz. Beim letzten Mal haben wir, die Buchholzer Liste, den Kandidaten der rot-grünen Gruppe (Joachim Zinnecker) gern unterstützt und zwar mit erheblichem Einsatz und Aufwand.
Es versteht sich, dass dies für eine Kandidatin oder einen Kandidaten der Parteien, die sich für den Ostring einsetzen, und/oder die/der dies sogar persönlich vertritt, nicht der Fall wäre.
Am Ende bleibt uns allerdings noch die Hoffnung, dass die Vernunft siegt; nämlich die Einsicht, dass dieses Straßenbaugroßprojekt aus dem letzten Jahrhundert bzw. Jahrtausend in einer Zeit, in der es stattdessen ganz außerordentlicher politischer und struktureller Anstrengungen bedarf, um dem Klimawandel und dem Verlust der Artenvielfalt – als den überragenden Herausforderungen und Bedrohungen unseres Zeitalters – wirksam entgegenzutreten, nicht das Geringste verloren hat.
Dafür treten wir als Buchholzer Liste jedenfalls weiterhin und nachhaltig ein – auch über die aktuelle Ratsperiode hinaus.