Canteleu-Quartier: ein Areal blüht auf!?

Das Areal rund um die Bahnhofstraße ist schon seit einiger Zeit in die Jahre gekommen und kein schönes Entrée für Menschen, die mit der Bahn nach Buchholz reisen. Spätestens mit dem Bau der Canteleu-Brücke wurde die Bahnhofsinsel vom innerstädtischen Leben abgetrennt und ihrer eigenen Entwicklung überlassen. Der derzeitige optische Zustand ist, gelinde gesagt, stark verbesserungswürdig. Die Fläche ist zudem aufgrund ihrer Lage in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof und zur Innenstadt geradezu prädestiniert für eine städtebauliche Aufwertung. Daher begrüßen wir das Interesse seitens eines Buchholzer Investors, sich dieses Themas anzunehmen. Die Vorstellung des Projektes Canteleu-Quartier finden Sie hier: www.canteleu-quartier.de

In der Ratssitzung am 13.02.2018 haben wir dennoch als einzige Fraktion gegen den Bebauungsplan zur Umsetzung des städtebaulichen Konzepts Canteleu-Quartier gestimmt. Diesen vermeintlichen Widerspruch möchten wir im Folgenden erläutern. 

Ein B-Plan schafft nicht nur ein formales Baurecht, sondern ist auch ein wichtiges Instrument, eine städtebauliche Entwicklung in einem Plangebiet zu steuern, Fehlentwicklungen zu vermeiden und gewünschte Entwicklungen zu fördern.

Optimal wäre es daher, sich entsprechende Gedanken ohne Einflussnahme eines Investors zu machen, bevor dieser mit Ideen und Geld winkt. So die wünschenswerte Theorie; die Praxis läuft leider oftmals anders. Manchmal bedarf es auch eines Anstoßes von außen, um eine Entwicklung überhaupt in Gang zu setzen. Das muss per se nicht schlecht sein, birgt aber dennoch die Gefahr, dass getrieben von den wirtschaftlichen Interessen eines Investors eine Entwicklung einsetzt, die nicht im Sinne einer Stadt sein muss.

Zwei wesentliche Faktoren in der städtebaulichen Entwicklungsplanung für das Canteleu-Quartier führen dazu, dass dieses Risiko minimiert wurde:

  1. In einem mehrstufigen Beteiligungsverfahren waren Vertreter aus Verwaltung, Politik und der Buchholzer Bürgerschaft in die städtebaulichen Planungen einbezogen. Zu Beginn wurde in Workshops ein städte- und hochbauliches Konzept für das Canteleu-Quartier entwickelt und Ende 2015 der Öffentlichkeit vorgestellt. Anfang 2017 fand dann ein Architektenwettbewerb für das geplante Hotel und die vorgesehenen Dienstleistungsgebäude statt. Für dieses Verfahren hatte sich glücklicherweise unsere ehemalige Stadtbaurätin, Frau Doris Grondke, eingesetzt. Auch wir als Buchholzer Liste waren daran beteiligt. Wir halten solche Verfahren für wichtig, um die Qualität der Entwicklung unserer Stadt nicht nur den Investoren zu überlassen.
  2. Mit terra Real Estate wurde ein lokaler Investor gefunden, dem wir aufgrund der Verwurzelung in Buchholz grundsätzlich unterstellen, nicht gegen die Interessen unserer Stadt agieren zu wollen. Vielmehr ist der Familie Tietz dafür zu danken, dass sie die Initiative zur Aufwertung der in die Jahre gekommenen Bahnhofsinsel ergriffen und auch das zuvor beschriebene Beteiligungsverfahren mit Architektenwettbewerb zugelassen hat. Das ist leider (noch) nicht selbstverständlich.

Wir glauben daran, dass nun auf Basis der erarbeiteten Entwurfsplanungen eine gute Chance zur Revitalisierung des Areals auf der Bahnhofsinsel besteht.

In unseren Vorstellungen wird ein lebendiges Quartier entstehen, in dem gearbeitet und gewohnt wird, in dem mit viel Liebe gestaltete öffentliche Freiflächen mit Bäumen, Bänken und Sitzgruppen zum Flanieren sowie Cafés, Bars und Restaurants zum Verweilen, kurz gesagt, zum Leben einladen.

Wir hoffen, dass diese Vorstellungen Wirklichkeit werden und nicht dem Rotstift des Controllers zum Opfer fallen. Hier sehen wir insbesondere den Investor, aber auch die Verwaltung in der Verantwortung, bei den weiteren Planungen im Baugenehmigungsverfahren dafür zu sorgen, dass das im Beteiligungsverfahren Gewollte auch tatsächlich umgesetzt wird. Der B-Plan sagt nichts dazu aus, in welcher baulichen und architektonischen Qualität die geplanten Gebäude geschaffen werden. So hoffen wir, dass die entstehenden Gebäude weniger Zweckbauten sind, sondern vielmehr architektonisch hochwertig und städtebaulich prägend gebaut werden, damit sich an ihnen auch noch viele nachfolgende Generationen erfreuen können. Dieses erfordert vom Investor und seinem inzwischen hinzugenommenen Partner, der nicht aus Buchholz kommt, dass es ihm nicht ausschließlich um Renditemaximierung geht.

In diesem Zusammenhang möchten wir auf zwei Dinge hinweisen, die uns wichtig sind:

  • Zum Canteleu-Quartier passt unseres Erachtens die Umwandlung der Bahnhofstraße in eine Shared-Space-Fläche, um die Aufenthaltsqualität weiter zu verbessern.
  • Ursprünglich gab es die Umsetzungsidee einer Fahrradstation, die leider wieder aus den Planungen verschwunden ist. Wir sind davon überzeugt, dass wir zukünftig neben dem geplanten Fahrradparkhaus nördlich der Bahn auch eine Fahrradstation südlich der Bahn benötigen.

Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Planungen wieder aufgenommen werden.

Unserer Ablehnung des B-Plans ist einzig in den beiden Parkhäusern begründet, die westlich und östlich angrenzend an die Canteleu-Brücke festgesetzt wurden. Der B-Plan schafft das Baurecht, an dieser Stelle Parkhäuser oder Parkpaletten zu bauen, die von der Gebäudehöhe teilweise noch über die Canteleu-Brücke hinausragen. Wir halten diese Festsetzung insbesondere aus zwei Gründen für völlig falsch:

1.
An diesem exponierten Standort wirken Parkhäuser/Parkpaletten wie ein Schandfleck, eine gestalterische Katastrophe. Die mit dem Canteleu-Quartier beabsichtigte Aufwertung des Areals würde durch den Bau von Parkhäusern/Parkpaletten ad absurdum geführt. An diesen Standort gehören höherwertige Nutzungen und Bauten.

2.
Die Parkhäuser haben anscheinend nur deshalb Einzug in den B-Plan erhalten, weil für die geplanten Nutzungen angeblich entsprechender Parkraum zur Verfügung gestellt werden muss (?) … für die Menschen, die dort wohnen und arbeiten, aber auch für die Pendler und die Nutzer der dort in Zukunft angebotenen Dienstleistungen. Das antiquierte städtebauliche Ziel einer „autogerechte Stadt“, das hier zum Ausdruck kommt, ist aus mehreren Gründen kontraproduktiv:

  • Durch den Bau von Parkhäusern/Parkpalette wird es attraktiv(er), mit dem Auto zum Bahnhof bzw. Canteleu-Quartier zu fahren. Dadurch wird unnötig weiterer Verkehr in die Buchholzer Innenstadt geführt und der innerstädtische KFZ-Verkehr weiter belastet, insbesondere stoßweise bei ankommenden und ausfahrenden Zügen. Unser aller Ziel sollte es sein, die Anzahl der Autos im Straßenverkehr zu reduzieren und nicht zu erhöhen.
  • Dieses ist auch vor dem Hintergrund der zu erreichenden Klimaschutzziele wichtig, die Änderungen unseres Mobilitätsverhaltens erfordern. Anstatt das Autofahren zu fördern, sollte unseres Erachtens besser in Mobilitätslösungen investiert werden, die es den Menschen ermöglichen, auch ohne Auto ins Canteleu-Quartier zu kommen. Dazu gehören insbesondere eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs (denn das Canteleu-Quartier ist sehr gut mit Bus und Bahn erreichbar), des Radverkehrs und des Carsharing-Gedankens. Konkrete Beispiele wären:
    – Attraktivere Busverbindungen aus den Ortschaften zum Buchholzer Bahnhof,
    – Bau einer Fahrradstation auf der Südseite,
    – Realisierung der bereits konzeptionell geplanten Velorouten oder
    – Umbau einer/beider bestehenden Fußgängerbrücken zu einer Fahrradbrücke.

Das Gegenargument des Parkdrucks, der ohne Parkhaus/Parkpalette dazu führen würde, dass Autofahrer ihre Autos in den benachbarten Wohngebieten abstellen, können wir nicht akzeptieren. Denn solche Probleme entstehen immer nur dann, wenn man es parallel versäumt hat, dafür zu sorgen, dass die Menschen auch ohne Auto attraktiv zum Bahnhof kommen können.

Wir sind davon überzeugt, dass die festgesetzten Parkhäuser/Parkpaletten auch vom Investor nicht wirklich gewollt sind. Wir werden daher weiter nach Wegen suchen, diese unsinnigen Parkhäuser/Parkpaletten zu vermeiden. Wie man an der Abstimmung zum B-Plan erkennt, wird das ein schwieriger Weg. Weder bei der Verwaltung noch beim Rat der Stadt Buchholz ist der entschiedene Wille erkennbar, innovativ und kreativ nach besseren Lösungen zu suchen.

Bericht im Nordheide Wochenblatt vom 21.02.2018